Eigene Bedürfnisse kommunizieren, sodass diese richtig verstanden werden, ist in der Tat nicht ganz einfach. Über eine empfängergerechte Kommunikation in der Beziehung hast Du bereits im ersten Teil dieser Reihe im Artikel „die fünf Sprachen der Liebe“ einiges erfahren.
Nun geht es in diesem zweiten Teil darum, wie Du Deine Bedürfnisse richtig kommunizierst. Deine Bedürfnisse richtig mitzuteilen hat zum Ziel, Missverständnisse in der zwischenmenschlichen Kommunikation zu vermeiden. Obwohl sich diese vermutlich nie restlos beheben lassen werden …
Es gibt unzählige Modelle menschlicher Bedürfnisse, auf welche ich hier im Detail nicht eingehen möchte. Die bei den Modellen benutzten Paletten reichen dabei von physiologischen Bedürfnissen wie Hunger und Durst bis hin zu psychologischen Bedürfnissen wie persönliches Leistungsstreben. Am bekanntesten ist dabei das Bedürfnismodell des amerikanischen Psychologen Abraham Maslow:
Es gibt unter anderem das Bedürfnis nach
Mit dieser kleinen Aufzählung will ich lediglich darauf aufmerksam machen, dass vieles ein Bedürfnis darstellen kann, was sich mit einem einzigen Modell natürlich nicht vollständig abbilden lässt.
Für den folgenden Kontext ist eher wichtig, dass es sich bei einem Bedürfnis um etwas handelt, was menschliches Verhalten motiviert. (Klicke hier, um unseren kostenlosen Motivationstest zu machen und herauszufinden, was Dich motiviert).
Auch wird durch die obige Aufzählung deutlich, dass Bedürfnisse teilweise etwas abstrakt und nicht unbedingt offensichtlich sind. Warum Menschen sich so verhalten, wie sie sich verhalten, kann man oft nur erahnen.
Damit wir aber aus den Hypothesen rauskommen, lass uns darauf schauen, wie man, vor allem in Beziehungen, seine Bedürfnisse verständlich mitteilen kann.
Bedürfnisse liegen meistens verborgen unter der Oberfläche. Genau aus diesem Grund sprechen Verhaltensforscher auch oft von Eisbergmodellen. Weil tiefer liegendes, wie bei einem Eisberg, nicht sichtbar ist.
Um Kommunikation in der Beziehung besser zu verstehen und Bedürfnisse äußern zu können, vor allem wenn es mal nicht rund läuft, eignet sich das Bild des doppelten Eisbergs hervorragend:
Jeder Eisberg steht dabei für einen Interaktionspartner mit all seinen Merkmalen und Eigenschaften. Um es noch einfacher zu formulieren: Du bist der blaue Eisberg und Deine Partnerin der rosane (oder, falls Du eine Frau bist, darfst auch Du natürlich gerne der blaue sein und Dein Partner der rosane, völlig genderneutral 😀 ).
Die Teile über der Wasseroberfläche symbolisieren sichtbares Verhalten und offen vertretene Positionen.
Hier überschneiden sich die Eisberge nicht. Denn im Konfliktfall vertritt jeder seine Meinung und ist nicht wirklich zu Zugeständnissen bereit. Es gibt hier keine Gemeinsamkeiten bzw. Kompromiss-Spielräume. Der Konflikt ist ja bereits entbrannt und die Positionen meist verhärtet.
Unter der Wasseroberfläche sieht das Ganze jedoch anders aus. Hier lassen sich die Hintergründe des Konfliktes finden. Es gibt zwar auch hier Trennendes, also Bedürfnisse und Ansichten, die euch unterscheiden, jedoch auch eine große Schnittmenge. In dieser Schnittmenge der beiden Eisberge liegen die Gemeinsamkeiten. Diese können beispielsweise gemeinsame Bedürfnisse, Gefühle, Wertvorstellungen, Ängste etc. widerspiegeln.
Gelingt es Dir, Deine Bedürfnisse mitteilen zu können und die Gemeinsamkeiten unter der Oberfläche herauszuarbeiten, bist Du der Lösung des Konfliktes einen großen Schritt näher gekommen.
Die Beweggründe des Verhaltens Deiner Partnerin liegen meistens also vorerst im Verborgenen. Um diese besser zu verstehen, tust Du gut daran, Deine eigenen Bedürfnisse richtig zu kommunizieren und Deine Wünsche zu äußern.
Wenn Du den ersten Schritt machst und Deine Position richtig kommunizierst, d. h. Deinem Gegenüber die Hintergründe und wichtige Bedürfnisse Deiner Position erklärst, wird es Deine Partnerin bzw. Dein Partner Dir im Normalfall gleichtun. So kannst Du erkennen, an welchen Stellen Potenziale für eine Lösung oder einen Kompromiss existieren.
Etabliert hat sich hierbei der Prozess der „gewaltfreien Kommunikation“ von Marshall B. Rosenberg. Den Prozess, sich mitzuteilen, hat Rosenberg in vier Komponenten zerlegt (hier findest Du das extrem lesenswerte Buch dazu):
Als ersten Schritt für eine gelungene Kommunikation in der Beziehung gibst Du objektiv wieder, was in einer strittigen Situation tatsächlich geschehen ist:
Dieser Schritt ist dabei analog zum ersten Schritt aus dem Teufelskreis-Modell (Details hierzu hinter diesem Link). Mit dem Unterschied, dass es hier nicht nur um das Verhalten Deiner Partnerin / Deines Partners geht, sondern um die gesamte Situation. Also euer beider Verhalten.
Wie beim Teufelskreis-Modell gilt es auch hier, komplett sachlich zu bleiben!
ist dabei nicht sachlich. Sondern eine Wertung und eine Interpretation.
Versuche, komplett auf Erklärungen zu verzichten. Schildere stattdessen einfach nur die tatsächlichen Fakten der Situation:
Das würde beispielsweise auch ein dritter, unbeteiligter Beobachter so wahrnehmen, der die Szene zufällig mitbeobachtet hat. Lass also jegliche Interpretation, Beurteilung und Bewertung weg!
Nachdem Du die Situation geschildert hast, kannst Du mitteilen, was die beschriebene Situation in Dir ausgelöst hat.
Höre auf Dein Inneres und nehme wahr, was dort geschieht. Teile es dann so offen und ehrlich wie nur möglich mit!
Beispielsweise:
Der Zugang zu eigenen Gefühlen fällt vielen Menschen erfahrungsgemäß schwer. Wenn Du hier noch etwas Nachhilfe brauchst, so lies Dir auch den Blogbeitrag zum Mitteilen von Gefühlen durch.
In diesem Schritt sagst Du, welche Deiner Bedürfnisse hinter Deinen Gefühlen stehen.
Zugegebenermaßen ist es nicht immer einfach, die eigenen Gefühle richtig zu benennen und einzuordnen. Die dahinter liegenden Bedürfnisse richtig zu erkennen, ist teilweise sogar noch etwas schwieriger.
Entschleunigung ist hier der Schlüssel. Hör genau hin und versuche zu verstehen, was Dir wichtig ist. Und was die Gründe für Deine Gefühle und Dein Verhalten sind.
In der Beispielsituation könnten Deine Bedürfnisse z. B. folgendermaßen lauten:
Hier kommunizierst Du also Dein Bedürfnis, verstanden zu werden. Und auch Deine Bedürfnisse nach Akzeptanz, Austausch und Harmonie.
Natürlich reicht es, wenn Du vorerst auch nur ein Bedürfnis kommunizierst. Wie z. B. das Bedürfnis nach einem offenen Austausch.
Eigene Bedürfnisse mitteilen führt dazu, dass Dein Gegenüber nun weniger Interpretationsspielraum hat. Weil nun nachvollziehbar ist, was die Auslöser für Deine Gefühle und Verhaltensweisen sind.
Abschließend kommt noch Dein Appell: Was wünschst Du Dir in Zukunft von Deinem Gegenüber? Was kann sie bzw. er konkret tun oder lassen, um bei der Erfüllung Deiner Bedürfnisse mitzuhelfen?
Drückst Du Dich derart klar aus, versteht Deine Partnerin / Dein Partner Deine Beweggründe und Deine (nicht erfüllten) Bedürfnisse viel besser.
Ein netter Nebeneffekt ist, dass ein derart vorgebrachter Wunsch nicht auf technischen Widerstand trifft:
Damit verbesserst Du nachhaltig die Kommunikation in der Beziehung, weil Du Dich nun klarer mitteilst und insbesondere Deine Bedürfnisse kommunizierst. Die oben besprochene Objektivität, Vorwurfsfreiheit und das Senden von Ich-Botschaften („Ich fühle mich …“, „Ich brauche …“, „Mir ist wichtig, dass …“) ist auch der Grund, warum das Modell „gewaltfreie“ Kommunikation heißt: Du bist in Deinen Äußerungen bei Dir und verletzt insbesondere den anderen nicht durch Anschuldigungen oder ähnlichem.
Da Du Deinem Partner bzw. Deiner Partnerin nun einen Einblick in die Hintergründe Deiner Position gegeben hast, wird er/sie vermutlich bemüht sein, auch seine/ihre Sicht der Dinge zu schildern. Inklusive der Gefühle und Bedürfnisse sowie einer Bitte(n) an Dich.
Durch diesen Kommunikationsfluss könnt ihr beide nun herausarbeiten, was ihr beide fühlt und braucht. Um so wieder Verständnis und Harmonie in eure Beziehung einfließen zu lassen.
Um im Modell der Eisberge zu bleiben, wagt ihr beide Tauchgänge unter die Wasseroberfläche. Damit ihr erkundet, was sich dort befindet. Dies schafft Klarheit und führt zu einem ehrlichen Austausch und einer offenen Kommunikation in der Beziehung.
Weitere Tipps für eine gelungene Kommunikation in der Beziehung bekommst Du im Artikel „Gefühle richtig kommunizieren“. Und hier kannst Du nochmal alles zu den fünf Sprachen der Liebe nachlesen. Weitere Artikel findest Du bei unserem Partner „LiebesMeer“.
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(Quellen: „Mediation – das Praxisbuch: Denkmodelle, Methoden und Beispiele“ von Silke Freitag und Jens Richter und „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens“ von Marshall B. Rosenberg)